Nicht nur die Wissenschaftler*innen, sondern auch die Expert*innen aus Ministerien und Bundesbehörden kamen zu dem Schluss, dass schneller Wissenstransfer aus der Wissenschaft in die Praxis und die Qualifikation von Verantwortlichen im Umgang mit Antibiotika die wichtigsten Stellschrauben sind, um den Antibiotika-Einsatz wirkungsvoll zu reduzieren. Dies gilt sowohl für die als Ärzte und Pflegepersonal in der Humanmedizin Tätigen, als auch diejenigen, die mit der Haltung von lebensmittelliefernden Tieren befasst sind. Diskutiert wurden in diesem Zusammenhang Qualifikationsnachweise für den Einsatz von Antibiotika, aber auch für Reinigungs- und Desinfektionsmittel, die beide zum Entstehen von resistenten und multiresistenten Mikroorganismen führen können.
Investitionen in Monitoring-Systeme und verbesserte Hygienemaßnahmen in fleischerzeugenden Ketten verringern Antibiotikaresistenzen in der Umwelt
Ergebnisse zum Abschluss des Forschungsprojektes HyReKA
Das International FoodNetCenter der Universität Bonn hat sich am Forschungsprojekt HyReKA beteiligt und war seit dem Start 2016 involviert. Das Projekt ist vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt worden. In Zusammenarbeit mit weiteren Hochschulen und Forschungseinrichtungen hat sich das International FoodNetCenter Bonn mit den Fokusgruppen „Food Waste“ und „One Health“ eingebracht. Die Forscherteams der Professorinnen Petersen und Kreyenschmidt untersuchten das Vorkommen von klinisch-relevanten antibiotikaresistenten Bakterien der ESKAPE-Gruppe (Enterococcus faecium, Staphylococcus aureus, Klebsiella pneumoniae, Acinetobacter baumannii, Pseudomonas aeruginosa und Enterobacter Spezies) und E. coli entlang der gesamten Wertschöpfungsketten für Hähnchen- und Schweinefleisch von der Aufzucht bis zum Schlachthofabwasser.
Stellschrauben zur Reduktion von Antibiotika-Resistenzen in der Primärproduktion und Schlachthofabwässern sind überbetriebliche Gesundheitsmanagementsysteme
Ein Hotspot zur Verbreitung resistenter Mikroorganismen zwischen Tier und Mensch im Biotop „Stall“ ist die Luft und nicht das Wasser. Das Spektrum der hier nachgewiesenen resistenten Mikroorganismen unterscheidet sich deutlich zwischen Betrieben mit sehr gutem Gesundheitsstatus und daher sehr seltenen Antibiotika-Einsatz und Betrieben mit Behandlungen ganzer Tiergruppen.
In Abwässern von Geflügel- und Schweineschlachthöfen wurden vom Reinigungswasser im Wartebereich der Schlachttiere bis zum Einlauf in den Vorfluter am häufigsten ESBL-bildende E. coli, der A. baumannii- calcoaceticus Komplex, Klebsiella spp. und MRSA detektiert. Durch die Vorklärung des Abwassers in betriebseigenen Kläranlagen erfolgte ihre Eliminierung abhängig von der Art der Aufbereitungstechniken. Durch Abwasser-Aufbereitungstechniken wie Ultrafiltration und Ozonbehandlung ließen sich 293 ESKAPE-Erreger bei Direkteinleitern (Geflügelschlachthöfe) unter die Nachweisgrenze minimieren. Bei Schweineschlachthöfen, die konventionelle biologische Kläranlagen betreiben und das Abwasser nach dieser Vorbehandlung in kommunale Kläranlagen einleiten, kam es dort zur Vermischung mit Abwässern aus dem kommunalen Bereich. Alle Ablaufproben waren positiv bezogen auf die Erreger der ESKAPE-Gruppe inklusive Vancomycin-resistente Enterokokken und ließen sich auch in den Vorflutern nachweisen.
Mit Qualifikationsangeboten verantwortungsbewussten Umgang mit Antibiotika fördern
Die wichtigste Stellschraube zum Verringern von Resistenzen bei Masthähnchen und -Schweinen ist der verantwortungsbewusste Einsatz von Antibiotika. „Wenn gleich am Anfang der Wertschöpfungskette in der Aufzucht gesunder Jungtiere auf Antibiotika verzichtet werden kann, verhindert dies die Verschleppung von Resistenzen über die Mast in die Schlachtung und man braucht am Ende weniger resistente Erreger aus Abwässern filtern“, so Prof. Dr. Brigitte Petersen, die Vorsitzende des International FoodNetCenters Bonn. Die Beschränkung des Einsatzes umweltrelevanter Tierarzneimittel ist inzwischen zu einem Qualitätsmerkmal im Management von Zulieferketten zum Lebensmitteleinzelhandel geworden. Nicht unerhebliche Investitionen werden hierzu in den nächsten Jahren benötigt, um Umweltbewusstsein zu schaffen und durch verbesserte Monitoring- und Hygienemaßnahmen überbetriebliche Gesundheitsmanagementsysteme noch effizienter zu machen. Gemeinsam in einem anderen Projekt mit dem Umweltbundesamt sind daher entsprechende Schulungsmaterialien für Verantwortliche in der Kette entwickelt worden, die in Qualifizierungsprogrammen hierfür zur Verfügung stehen.
HyReKA steht für biologische bzw. hygienisch-medizinische Relevanz und Kontrolle Antibiotika-resistenter Krankheitserreger in klinischen, landwirtschaftlichen und kommunalen Abwässern und deren Bedeutung in Rohwässern.
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