Nach der Flutkatastrophe in diesem Jahr kann jede und jeder helfen. Wie schnell das gehen kann, berichtet der Student Vincent Krause. An der Universität Bonn studiert er Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften und hat sich trotz Prüfungsphase engagiert. Er erhält das EQAsce Krisenhelfer-Zertifikat. Das berichtet er:
Wir alle haben wahrscheinlich noch die Bilder von der verehrenden Flut im Ahrtal am 14. Juli im Kopf: Bilder von Wassermassen nie dagewesenen Ausmaßes, die mit urgewaltiger Kraft alles mitrissen und fluteten was sich ihnen in den Weg stellte.
Als wenige Tage später die ersten Karawanen von freiwilligen Helfern aus ganz Deutschland ins Tal fuhren, steckte ich leider mitten in der Klausurvorbereitungsphase an der Universität Bonn, doch ich beschloss sobald das Semester vorbei ist in der betroffenen Region tätig zu werden. Nach der letzten Prüfung was ich auf der Suche nach Möglichkeiten, wie man effektiv im Ahrtal helfen kann. In dieser Zeit bekam ich eine E-Mail von Uwe Platz in mein Uni-Postfach, der auf der Suche nach Freiwilligen war, die Lust hätten in den Weinbergen den flutgeschädigten Winzern zu helfen.
Ohne lange zu überlegen, meldete ich mich bei ihm und schon am nächsten Tag saß ich im Auto nach Dernau. Meine Motivation: Ich wollte einfach etwas der Region zurückgeben, die mich schon so oft mit genussvollen Weinproben und Wanderungen entlang der atemberaubend steilen Weinberge begeistert hatte. Denn die Rechnung ist einfach: Die Region an der Ahr lebt zu einem erheblichen Teil vom Tourismus und Weinanbau. Doch diese beiden Dinge funktionieren nur im Einklang miteinander – ohne Weinberge kommen keine Touristen und ohne Touristen wird nur wenig Wein verkauft.
Weitermachen bei Sonne und strömendem Regen
Anfangs machte ich mir noch Gedanken darüber, ob ich überhaupt für die Arbeit in den steilen Weinbergen geeignet bin, doch schon nach wenigen Stunden Rankenschneiden und entblättern in Dernau, waren meine Zweifel verflogen und es stand für mich fest, dass ich wiederkommen werde.
Von August bis Mitte September war ich Woche für Woche beim Laubschneiden und entblättern tätig, egal ob im grellen Sonnenschein oder bei strömendem Regen. Nach und nach öffneten sich auch die Winzer und man kam mit ihnen ins Gespräch. Ihre Berichte von der Flutnacht und den Tagen danach sorgen sogar jetzt noch bei mir für Gänsehaut.
Der Antrieb zum Arbeiten: Humor
Viele Winzer dort haben zwar ihre Maschinen, Häuser und Fässer verloren, aber nicht ihren Humor oder die Motivation weiterzumachen, um das Ahrtal wieder zum Leuchten zu bringen. Wenn es etwas gibt das mich am meisten motiviert immer wieder zurück zu kehren ist es die dort gelebte Solidarität, denn im Ahrtal spielt es keine Rolle wer man ist, welchen Beruf man ausübt oder woran man glaubt – jede und jeder dort verfolgt das gleiche Ziel: den Wiederaufbau. Mit Beginn des Oktobers und der laufenden Weinlese konnte ich förmlich spüren, wie die Motivation bei den Winzern beflügelt durch die unzähligen freiwilligen Lesehelfer langsam zurückkehrte. Die Monate davor waren für die meisten von ihnen Sieben-Tage-Wochen ohne jegliche Pause geprägt von der Planung des Wiederaufbaus und der Organisation neuer Geräte und Anlagen. An die notwendigen Arbeiten in ihren Weinbergen war für viele nicht im Entferntesten zu denken.
Hoffnung auf Besserung
Jetzt versprühen die Öffnung der Weinstände am Rotweinwanderweg und das erste Weinfest nach der Flut wenigstens einen Hauch von neuer Normalität. Mit dem absehbaren Ende der Weinlese 2021 hoffe ich, dass der Wein ein guter Jahrgang wird und nächstes Jahr die Welt dort schon wieder ein stückweit schöner aussieht. Bei der Weinlese 2022 werde ich gerne – egal was kommt – wieder dabei sein!