Interview mit Dr. Thomas Lettmann, Vorstandsmitglied EQAsce
Fachkräftemangel, Generationswechsel, digitale Transformation, Nachhaltigkeit, hohe Energie- und Rohstoffpreise, In-Kraft-Treten neuer Gesetze: Unternehmen stehen auch 2024 wieder vor vielen Herausforderungen. Gleichzeitig bieten neue digitale Technologien und eine Vielzahl bislang kaum genutzter Forschungsergebnisse neue Chancen. Im Interview erklärt Dr. Thomas Lettmann, wie unter diesen Voraussetzungen die Europäische Genossenschaft EQAsce klein- und mittelständische Unternehmen dabei unterstützt, wettbewerbsfähig zu bleiben, den Generationswechsel zu meistern und sich zukunftssicher aufzustellen.
EQAsce: Sie beraten viele Unternehmen in den Bereichen Prozessoptimierung und Qualität der Weiterbildung. Welchen Rat können Sie Verantwortlichen in den Unternehmen angesichts der aktuellen Herausforderungen geben?
Dr. Lettmann: Die heute an allen Orten notwendige Digitalisierung und das operative Geschäft binden erfahrungsgemäß bereits fast alle Ressourcen in den Betrieben. Da bleibt ihnen oft nicht genug Spielraum, um auch noch parallel neue Ideen für innovative Lösungen und eigene Methoden zur Integration von Nachwuchskräften weiterzuentwickeln. Gerade für Familienbetriebe der Agrarwirtschaft, des Lebensmittelhandwerks und der Gastronomie gilt es deshalb, externes Know-how in das Unternehmen oder die Wertschöpfungspartnerschaft zu transformieren. Dies bedeutet, Kooperationen einzugehen, geeignete Partner und Nachwuchskräfte zu suchen und zu finden. Hier hat EQAsce die Funktion eines Vermittlers und Brückenbauers zwischen den Unternehmen, Forschungseinrichtungen sowie Bildungsanbietern. Wir bringen Menschen, digitale Kommunikationstechnologie und Organisationen zusammen.

Über die EQA-Academy fließt maßgeschneidertes Erfahrungs- und Branchenwissen in die Unternehmen. Dies erfolgt sowohl über langfristig angelegte Face-to-Face-Beratung als auch durch eine Vielzahl unterschiedlicher >> online-Trainingsangebote, die sich individuell zusammenstellen lassen.
EQAsce: Worauf sollten Unternehmen im Generationswechsel bei betrieblichen Weiterbildungsprojekten für Nachwuchskräfte achten? Wo liegen hier die größten Herausforderungen?
Dr. Lettmann: Die Lücke, die durch den bevorstehenden Ruhestand erfahrener Personen im Management der Betriebe entsteht, ist von Neueinsteigern nicht kurzfristig zu schließen und für alle Beteiligten herausfordernd. Denn es gilt zum einen, unternehmensspezifisches Wissen zu lernen und zum anderen weitere Kompetenzen im Management zu entwickeln. Letzteres entsteht durch praktische Tätigkeit und den Austausch mit erfahrenen Teams. Doch das erfordert zeitliche und personelle Ressourcen, die in den meisten Betrieben nicht vorhanden sind. Gerade bei viel gefragten Experten und Expertinnen fehlt die Zeit für die Einarbeitung neuer Mitarbeitender. Eine Faustregel besagt, dass 70 % der Kompetenzen am Arbeitsplatz erworben werden. Das ist auch der Grund, warum EQAsce 2024 mit einem völlig neuen Konzept der berufsbegleitenden Weiterbildung für Neueinsteiger in Teams von Netzwerken und Wertschöpfungspartnerschaften startet.
Angesichts der existierenden Fluktuation und absehbaren Abgängen von Führungskräften in Unternehmen diskutierten die EQAsce-Mitglieder bereits sehr früh die Frage, wie wir dazu beitragen können, neue Mitarbeitende schnell genug einsatzbereit für Teams in Wertschöpfungspartnerschaften zu qualifizieren.
Gemeinsam mit Qualitätsmanagement- und Nachhaltigkeits-Experten und Expertinnen hat EQAsce einen neuen Zertifikats- Lehrgang mit spezifischer Zielgruppenorientierung entwickelt. Auf besonderen Wunsch der Unternehmen stellen wir für die Teilnehmenden beides sicher: Das individuelle E-Training und den persönlichen Kontakt sowie die persönliche Betreuung durch renommierte Branchenkenner aus Wirtschaft und Wissenschaft.
EQAsce: Angesichts der gegenwärtigen Umwälzungen, welche Themen werden EQAsce 2024 besonders bewegen?
Dr. Lettmann: Neue Technologien ist nur eines von vielen Feldern, die derzeit die Prozesse im Qualitäts- und Umweltmanagement weiter umkrempeln werden. Das bedeutet, dass wir unsere drei hybriden Dienstleistungspakete Q-Farm-HUB, Q-Guide und Q-CERT-Wallet gemeinsam mit den unterschiedlichen Nutzergruppen in F&E-Projekten weiterentwickeln werden. Das Q im Logo unserer Dienstleistungen bleibt aktueller denn je. Denn unternehmensübergreifend organisieren Wertschöpfungspartnerschaften derzeit ihr Qualitätsmanagement neu. Tierwohl, Transparenz, Nachhaltigkeit und Regionalität werden entscheidende Qualitätsmerkmale. Berufsbilder ändern sich und bei der Qualitätsmanagementsystemnorm, der ISO 9001, steht die nächste Revision an.
Wir werden mit unseren Mitgliedern und Projektpartnern auch 2024 die doppelte Transformation begleiten und hoffen dabei im Qualitätsmanagement viel bewegen zu können.