EQAsce hat AGRIZERT-Geschäftsführer Dr. Jürgen Wagner gefragt, was sich durch die Corona-Pandemie für sein Unternehmen geändert hat. Herr Dr. Wagner hat den Posten seit 2005 inne. Daneben ist er zugelassener Auditor u.a. für die Systeme IFS Food, ISO 22000 und MSC/ASC. Mit der Durchführung von Audits – auch während der Corona-Pandemie – hat Herr Dr. Wagner direkten Kontakt zu lebensmittelproduzierenden Betrieben und dadurch auch Einblick, wie diese die Krise meistern. Die AGRIZERT Zertifizierungs GmbH bietet Zertifizierungen in der Lebens- und Futtermittelbranche an.
EQAsce: Wie hat sich Ihre Arbeitswelt durch die Corona-Krise verändert?
Dr. Wagner: Im Zuge der Corona-Pandemie werden nicht nur im öffentlichen Bereich, sondern auch in (Lebensmittel-) Betrieben Schutzmaßnahmen eingeführt. Diese können die Grundlage einer Zertifizierung – die Durchführung von Audits – regelrecht auf Eis legen. Beispielsweise sehen viele Krisenpläne von Unternehmen vor, den Zugang zum Betriebsgelände für betriebsfremde Personen vorerst nicht mehr zu gestatten. Darunter fallen auch die Auditoren. Wir erfahren daher eine wesentliche Einschränkung bzw. Veränderung in der Durchführung von Audits. Eine Alternative zu Präsentaudits sind Remote-Audits, das heißt der Auditor führt die Bewertung via Videokonferenz durch. Hierzu müssen allerdings im Vorhinein einige Dinge in der Zertifizierungsstelle geplant und geprüft werden: Von der Auswahl des Tools über die Erstellung einer Schulung zum Umgang hiermit bis hin zur sehr engen Kommunikation mit dem Unternehmen, um ein gutes Gelingen des Audits zu garantieren.
Generell bleiben Remote-Audits jedoch für die Standardgeber eher die Ausnahme. Diese sehen weiterhin vor, die Audits unter verschiedensten Optionen nach Möglichkeit vor Ort stattfinden zu lassen – einhergehend mit Mehrkosten für die auditierten Unternehmen. Viele Betriebe verschieben ihr Audit jedoch um einige Wochen, da beispielsweise gar keine Produktion wegen Kurzarbeit stattfinden kann. Die permanente Umplanung generiert einen immensen Arbeitsaufwand, schließlich wurde die Auditorenplanung monatelang im Vorhinein durchgeführt und greift ineinander wie ein Zahnrad; durch die zahlreichen Auditverschiebungen rechnen wir im Herbst mit einem Auditstau und einer noch höheren, nicht mehr zu bewerkstelligen Auditorenauslastung als ohnehin schon.
Weiterhin müssen zusätzlich die verschiedenen Regelungen der Standardgeber gesichtet, diverse Schulungen zur aktuellen Situation erstellt und Verfahrensdokumente angepasst werden. Neben all diesen Aufgaben galt es auch, die Mitarbeiter auf das Homeoffice umzustellen und Wege zu finden, eine ausreichende Kommunikation untereinander fortzuführen.
Durch die Pandemie konnten wir jedoch auch positive Veränderungen anstoßen: Beispielsweise war für das Jahr 2020 die Umstellung auf digitale Zertifikate geplant, durch die Krise und das Arbeiten im Homeoffice wurde das Projekt priorisiert und schnellstmöglich umgesetzt.
EQAsce: Inwieweit kann in der Krise eine Chance liegen, Digitalisierung und Qualifizierung als Lebenslanges-Lernen-Konzept stärker miteinander zu verbinden?
Dr. Wagner: Die Pandemie zwingt die Zertifizierungsstellen dazu, die Audittechniken für Präsenzaudits an die geänderten Hygienebedingungen und Schutzmaßnahmen anzupassen. Alternative Remote-Audits können dank der Digitalisierung eine Auditierung des Unternehmens aus der Ferne ermöglichen. Diese Techniken sowie Informationen zur aktuellen Situation, geänderte Gegebenheiten bei den Kunden und vieles weitere müssen zügig an das Personal, sowohl intern in der Zertifizierungsstelle, als auch an die Auditoren, vermittelt werden.
Die AGRIZERT wird daher zukünftig Online-Schulungen zu aktuellen Themen sowie Webmeetings für Erfahrungsaustausche anbieten. Hiervon versprechen wir uns eine schnelle Informationsweitergabe und einen vereinfachten Austausch unserer Auditoren, da diese über das gesamte Bundesgebiet und Österreich verteilt sind und somit persönliche Treffen schwierig zu bewerkstelligen sind. Weiterhin sind wir bei der Durchführung von Remote-Audits auf die Digitalisierung angewiesen: Diese funktionieren nur via Videokonferenz.
Diese Anpassungen sind zwar teilweise für die Zukunft in Planung gewesen (insbesondere Online-Schulungen für Auditoren), erhielten durch die Krise aber erhöhte Priorität und somit konkrete Umsetzungspläne.
EQAsce: Wie lässt sich gerade in der Corona Krise die Attraktivität der EQA Digital Academic Career Card für Studierende bzw. der Digital Qualification Card in der Weiterbildung erhöhen?
Dr. Wagner: Sowohl für die Studierenden als auch für alle anderen sind die Einschränkungen des öffentlichen Lebens durch die Corona Krise deutlich spürbar. Dadurch rücken die Digitalisierung und allgemein die digitale Welt immer mehr und immer schneller in den Vordergrund. Wir als Zertifizierungsstelle sind das beste Beispiel dafür, dass onlinebasierte Angebote, wie z.B. Remoteaudits im Moment unabdingbar sind. Eine Karte mit der man online seine eigenen Qualifizierungen und Entwicklungen speichern und verfolgen kann, kann heute nur von Vorteil sein.