
Nach einem ungewöhnlichen und bewegten Jahr 2020 blickt EQAsce auf das Erreichte zurück. Gleichzeitig zeichnet sich bereits die Roadmap für das neue Jahr 2021 ab. Im Interview geben die Vorstandsvorsitzende, Prof. Dr. Brigitte Petersen und die stellvertretende Vorstandsvorsitzende, Dr. Juliane O’Hagan Einblicke in die aktuellen Herausforderungen und Pläne.
EQAsce: 2020 begann mit dem Einzug von EQAsce in neue Büros in Bonn Am Herrengarten. Und nicht nur das: Wer hätte gedacht, dass für die meisten von uns in gewisser Weise ein Umziehen an einen anderen Schreibtisch in diesem Jahr erforderlich wurde? Wie hat EQAsce die digitale Herausforderung, die damit verbunden war, gemeistert?
Brigitte Petersen: Die Digitalisierungsstrategie von EQA zu Anfang des Jahres sah von vorneherein bereits verteiltes digitales Arbeiten und Homeoffice bei allen Beschäftigten vor. Deshalb sind wir – auch Dank der technischen Unterstützung durch das Startup Quantum Quality GmbH – vom ersten Corona Lockdown nicht überrumpelt worden. Allein, dass es fast ausschließlich Homeoffice und separates Arbeiten in diesem Jahr wurde hat uns überrascht. EQAsce und Quantum Quality als Bürogemeinschaft sind heute bestens für digitales Arbeiten und Videokonferenzen ausgestattet. Im genossenschaftlichen Verbund mit TiGA eG und der GenoAkademie ist es uns in kürzester Zeit gelungen, vom Bundesverband Rind und Schwein beauftragte Präsenz-Infoveranstaltungen für Schweinehalter auf Online Seminare umzustellen und damit mehr als 300 Teilnehmer zu erreichen.
Juliane O’Hagan: Wir mussten uns alle an neue Formen der Zusammenarbeit gewöhnen: Unterschiedliche Online-Meeting-Programme oder auch die Frage, welcher Hintergrund bei meinem Kamerabild zu sehen ist. Doch auch unsere Projekte und Initiativen konnten von den Umständen eher profitieren, als dass sie zurückstecken mussten:
- Die Digitalisierung hat einen Schub bekommen und eine neue Dynamik erfahren. Es gibt bereits sehr vieles, das entwickelt wurde und jetzt gut ergänzt werden kann
- Unser Projekt GeTie erhält noch mehr technische Komponenten, als von Anfang an gedacht, weil wir durch die ungewöhnliche Zeit neue Technologie und Entwicklungen kennengelernt haben
- Die Initiative QVIREA zur Entwicklung digitaler Lernangebote zusammen mit der Firma AnimaRES hat eine neue Dynamik erfahren, so dass wir einen Prototypen entwickeln konnten
- Unsere Informationsveranstaltungen mit großer Teilnehmerzahl (über 300) und guter Interaktion trotz Online-Formats
- Unser Projekt TriangleNet ist gestartet und wird nun auch unter einem stärkeren digitalen Aspekt beleuchtet
EQAsce: Damit haben Projekte und Initiativen von EQAsce in diesem Jahr also auch neuen Schwung erhalten. Welche Herausforderungen stellt sich die europäische Bildungsgenossenschaft im kommenden Jahr 2021?
Brigitte Petersen: Neben den technischen Entwicklungen – die zum Teil existieren und die durch EQAsce zusammengeführt werden – arbeiten wir weiter an den Konzepten zum effizienten Nutzen dieser Möglichkeiten. Das bedeutet, ein sinnvolles und einfach zu implementierendes Modell zu entwerfen, das von den arbeitenden Kräften in der Landwirtschaft akzeptiert wird und einfach zu benutzen ist. Das bedeutet gleichzeitig, unsere Zielgruppen in die Konzeptentwicklung einzubinden, sie von unseren Ideen zu überzeugen und ihnen den Nutzen der Neuerungen deutlich zu machen. Im EIP.NRW-Projekt GeTie soll dies zur Realisierung einer >>Plattformgenossenschaft führen, bei der Landwirte Nutzer*innen und Betreiber*innen und Anteilseigner*innen der Plattform sind.
EQAsce: Welche neuen Kooperationspartner gab es im Jahr 2020?
Juliane O’Hagan: Im Rahmen unserer Vernetzungs- und Transferaufgaben für die Agrar- und Ernährungswirtschaft haben wir neue Kooperationen mit Partnern aus anderen Disziplinen angestrebt, um interdisziplinär Innovationen zu nutzen und gemeinsam weiter voran zu treiben. Im nächsten Jahr erhoffen wir uns gemeinsam mit der Partnergemeinschaft MESOPARTNER unser Angebot an wissensintensiven Dienstleistungen in den Handlungsfeldern Nachhaltigkeit, Nutztierhaltung und Digitalisierung erweitern zu können. Wir planen bereits und sind teilweise schon in der Umsetzung von gemeinsamen Initiativen mit den beiden Fraunhofer-Instituten FIT und FHR sowie mit dem Sprachsteuerungstool-Anbieter Dawin. Die beiden Institute und das Unternehmen Dawin sind im Raum Bonn angesiedelt, sind Partner von Global Playern, die weltweit agieren.
EQAsce: Das Zusammenbringen regionaler Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung spielt auch in der Initiative der Digital Cards eine große Rolle – welchen Einfluss haben die Umstände 2020 auf diese Entwicklung gehabt?
Brigitte Petersen: Viele der beteiligten Partner dieser Initiative hatten zum einen mit den Auswirkungen der Beschränkungen durch die Corona-Krise zu tun. Gleichzeitig waren viele in den Kampf gegen das Auftreten eines Falls von Afrikanischer Schweinepest auf deutschem Boden eingebunden. Dennoch ist es gelungen, aufgrund der kräftigen Netzwerkstrukturen weitere Planungen vorzunehmen und weitere Partner zu gewinnen, die Weiterentwicklung der digitalen Lernangebote sowie deren digitale Nachweise über die Cards im neuen Jahr in Angriff zu nehmen. >>Weitere Informationen
Eine Gruppe von EQA Mitgliedern steht in der derzeitigen Krisensituation vor teils essenziellen Entscheidungen, die Standardgeber der Branche sowie ihre Zertifizierungsstellen mit zahlreichen freiberuflichen Auditor*innen. Einerseits sollen sie in dem systemrelevanten Bereich der Lebensmittelversorgung sicherstellen, dass die Qualitäts- und Sicherheitsstandards eingehalten werden. Andererseits laufen sie Gefahr, selber bei den Audits vor Ort zur Verschleppung von Infektionen beizutragen und müssen deshalb nachweisen können, selber kein „ Vektor“ im Infektionsgeschehen zu sein. Für diese Zielgruppe von Personen ermitteln wir derzeit die Akzeptanz von digitalen Combi Cards d.h. einem System, bei dem am Ende die Person einen fälschungssicheren Nachweis über Zulassung für das jeweilige Audit kombiniert mit einem negativen Corona Testergebnis als QR Code vorlegen kann. Für beide Seiten, die entsendende Zertifizierungsstelle und das zu auditierende Unternehmen bedeutet dies ein wichtiger Betrag zur Risikominimierung.
EQAsce: Was hat Sie 2020 am meisten inspiriert?
Juliane O‘Hagan: Eine Fragestellung und eine Idee, die wir aus einem Workshop aufgenommen haben: Wem gehören die Daten und wer sollte ein Recht darauf haben, sie zu verkaufen? Wir müssen wegkommen von dem Denken, dass jede/r seine/ihre Daten einfach abgibt und Dritte damit Geld verdienen. Diese Idee wird unter anderem Teil der Plattform-Genossenschaft im GeTie-Projekt. Daneben war es nicht vorhersehbar und gleichzeitig beruhigend zu erleben, dass unsere Netzwerke trotz der nur digitalen Begegnung weiterhin halten, stabil und zuverlässig sind und große Ideen Platz haben. Dennoch muss man vielleicht sagen, dass die Kooperationen auch nur gut funktionieren, weil man sich in den vielen Jahren zuvor persönlich kennengelernt hat – eine Komponente, die nie komplett verschwinden darf!
EQAsce: Was sind Ihre Wünsche zum Jahresende und für das neue Jahr 2021?
Brigitte Petersen: Wäre 2020 ein normales Jahr gewesen, würden wir uns nach einer hektischen Vorweihnachtszeit jetzt besinnliche Feiertage wünschen. Doch die Besinnung kommt im Lockdown bei den meisten von selbst. Deshalb ist 2020 eher die Hoffnung das weihnachtliche Thema. Die Hoffnung auf ein Ende der Pandemie, die Hoffnung auf eine Normalität, die wir selber gestalten können. Und natürlich auch die Hoffnung, dass wir unsere EQA-Mitglieder und Gäste aus aller Welt wieder nach Bonn einladen können und nicht nur virtuell miteinander Netzwerken. In diesem Sinne wünschen wir als EQA Vorstand ein hoffnungsvolles Weihnachten, viel Gesundheit, Durchhaltevermögen und Energie für den Start in das neue Jahr 2021!